Weinproben beim Winzer oder im Weinladen des Vertrauens gestalten sich derzeit schwierig. Neue Ideen sind also gefragt, wenn man neue Weine entdecken möchte. Doch hey, Wine Tasting geht auch online. Allerdings mit ein bisschen Vorbereitung, denn, der Wein muss im Vorfeld bestellt/geliefert werden. Sind die Flaschen wohlbehalten eingetroffen, vielleicht gekühlt, die passenden Gläser bereit gestellt, dann macht das richtig Spaß.
Bei verschiedenen Bloggern und in den sozialen Medien hatte ich schon von Online-Weinproben gelesen. Teilweise sind das richtige Happenings mit DJ und Musik und internationaler Besetzung. Spannend, was sich so tut in diesen Zeiten! Das wollte ich auch erleben und freute mich über die Einladung zum Online-Tasting mit kalifornischen Weinen aus einer Gegend, wo ich im letzten Jahr im Urlaub war – also einem Sehnsuchtsort nördlich von San Francisco in Kalifornien! Eine kleine Gruppe von Weinexperten und Foodbloggern hatte sich verabredet. Wir probierten drei Weine und diskutierten online über dieses und jenes und hey, das klappte wunderbar und war sehr bereichernd.
Das Weinpaket kommt / kommt nicht
Mein Paketzusteller kennt mich schon und zugegeben – Weinpakete sind einfach verdammt schwer. Bisher jedoch ist immer alles gut angekommen. Danke an dieser Stelle an all die zuverlässigen Fahrer mit starken Armen, die problemlos auch mal ein 12-er Paket in den 3. Stock tragen. Der Paketinhalt vom Weinlieferant Mack & Schühle wurde direkt gesichtet: Weißwein in den Kühlschrank, Rotwein in den kühlen Flur. So war ich bestens vorbereitet für den Termin zum Online-Tasting. Mittels App oder Notebook öffneten wir alle das Microsoft Programm MS Teams und schwubbs, konnten wir uns unterhalten, zuprosten und dank einer stabilen Internetverbindung waren wir uns irgendwie ganz nah, obwohl in der ganzen Republik verstreut:
Sascha in Herne (von ihm ist auch das Titelbild), Ludger in Hamburg-Barnbeck, Dorothee und Petra in München und Susanne und Patricia von Gourmet Connection in Frankfurt.
Nothing but wine
Im Fokus stand der Wein und tatsächlich erlebte ich durch den Austausch mit den Anderen einen viel intensiveren Weingenuss also sonst im Weingeschäft. Jeder steuerte seine Eindrücke, seine Ideen und seine Geschmacksempfindung hinzu. Das war inspirierend! Dazu ergänzte der Weinexperte Ludgar Doodt von Gallo Wine noch geschichtliche Information bzw. erklärte die Besonderheiten der Region im Napa Valley und Sonoma County.
Die Foodblogger aus München gaben direkt ein paar Rezeptideen preis, die ich mir notierte und wir tauschten auch Tipps zur gewählten Glassorte aus. Klar, viele schwören auf Riedel-Gläser, doch auch die Marke René Gabriel wird gerne genommen. Ich bin da nicht ganz so fest gelegt und habe zum Beispiel auch tolle, bauchige Gläser ohne den obligatorischen Stiel.
Allesamt waren wir uns einig, dass diese aromatischen Weine aus Kalifornien Volumen brauchen. Sie bringen nämlich auch ganz viel Volumen mit, denn meist mit rund 14,5% Alkohol. Die Sonne Kaliforniens lässt die Weine einfach kräftiger werden. Also sollte es ein bauchiges Glas sein, damit die Weine ihr Aroma perfekt entfalten zu können. Doch der Reihe nach:
Chardonnay von Ghost Pines
Der eisgekühlte Weißwein aus Kalifornien schmeckt intensiv und unnachahmlich. Der Ghost Pines Chardonnay überzeugt auch regelmäßig renommierte internationale Kritiker und so zeichnete beispielsweise der Wine Spectator den 2016er Jahrgang mit 87 Punkten aus. Der Wein ist ein besonders gutes Beispiel für die Finessen, die durch multiregionale Traubenauswahl entstehen: Eine exzellente Mischung aus Trauben aus dem Sonoma, Lake und Napa County sorgen für ein vollmundiges Geschmackserlebnis: Birne, Zitrus und gleichzeitig Vanille, dazu geröstete Eiche und eine spannende Gewürzwelt, doch lies hier „baked apple, pear and lemon cream accented by an elegant finish of sweet vanilla. To create a buttery texture and deep, layered flavors, this wine underwent sur lie aging and malolactic fermentation.“ Kurzum: Winemakers Blend. Klasse!
Winemakers Blend
Aaron Piotter, Winemaker der kalifornischen Marke Ghost Pines, hat sich mit ausdrucksstarken und charaktervollen Weinen in der Branche einen Namen gemacht. Der Name Ghost Pines leitet sich von den grauen Kiefern ab, die nahe der Weinberge im östlichen Napa County beheimatet sind. Dort teilen sie sich den nährstoffreichen Boden mit den Reben, aus denen Aaron Piotter ausgezeichnete Chardonnays, Cabernet Sauvignons und Zinfandels macht.
Die besten Trauben zu finden, darum geht es Winemaker Aaron Piotter. Der gebürtige Kalifornier macht sich die vielfältige Topographie, Bodenbeschaffenheit und klimatischen Bedingungen zunutze. „Ghost Pines steht für fortschrittliche kalifornische Weinherstellung getreu dem Motto: Keine Grenzen, keine Limits“, so Piotter.
Um nämlich seinen Weinen ihren unverwechselbaren Charakter zu geben, setzt Piotter auf die facettenreiche Natur Kaliforniens und bezieht seine Trauben vom Lake County im Norden über das Napa, Sonoma und San Joaquin County bis hin zum südlichen Monterey County. „Das geographische Spektrum eröffnet mir spannende Möglichkeiten, individuelle Nuancen und Eigenheiten in meinen Weinen herauszuarbeiten“, so Piotter.
„Für den markanten Chardonnay verwende ich beispielsweise Trauben aus dem Napa, Sonoma und Monterey County, was eine besondere Vielschichtigkeit erzeugt.“ So verdankt der Chardonnay seinen intensiven Geschmack und die feine Säure dem nächtlichen maritimen Nebel in Sonoma und den kühlen Winden in Monterey, die in Kombination eine längere Reifezeit erfordern.
Die Foodblogger schlagen folgende Gerichte dazu vor: Ein asiatisches Curry, vielleicht ein Fischcurry, Surf & Turf oder ein anderes würziges Gericht.
Ludger Doodt erklärte uns das anhand der Landkarte und der Geographie in der Ecke rund um San Francisco und hach, da bekam ich direkt wieder Reiselust… das war schon toll, im Frühjahr 2019! Durch das Weingebiet tuckert übrigens auch eine Eisenbahn, der Wine-Train, und eigentlich hatte ich mir vorgenommen, damit einmal die Route abzufahren…
Red red wine: L. M. Martini
Seit fast einem Jahrhundert steht das kalifornische Weingut Louis M. Martini für Cabernet Sauvignon auf Weltklasseniveau. Zu verdanken hat es seinen ausgezeichneten Ruf dem gleichnamigen Gründer, der schon damals wusste, dass die Wahl der richtigen Lage essenziell ist. Damals kamen auch italienische Einwanderer nach Amerika, auch die Prohibition war Thema, doch wer könnte ohne guten Wein leben? Eben, deshalb starteten die Gründer 1933 durch und die Familie Martini machte sich die idealen geografischen Bedingungen des Napa Vallay für den Weinbau zunutze. Noch heute befindet sich das Hauptweingut an derselben Stelle wie zur Gründung. Die Produktion hat sich inzwischen von Cabernet Sauvignon auf andere Weine wie Zinfandel ausgeweitet. Seit 2015 ist Michael Eddy als erster Winemaker außerhalb der Familie für die Qualität verantwortlich.
Napa und Sonoma Valley – ein Eldorado für Winzer
Ausgezeichnete Anbauflächen bietet dem Weingut die vielseitigen Täler mit einer natürlichen Bandbreite von eisenreichen, vulkanisch roten Böden in den Mayacamas Mountains bis hin zu Lehmböden in der Talebene. Louis M. Martini macht sich diese Diversität zunutze und baut Wein auf insgesamt sechs verschiedenen Terroirs an. Den Anfang machte Gründer Louis M. Martini mit der Goldstein Ranch (heute Monte Rosso), bis heute die Quelle für die meistverlangten Weine der Marke. Später hat das Familienunternehmen seine Ländereien mit den Weinbergen Cypress, Stagecoach, Sun Lake und Thomann Station erweitert, die sich sowohl in ihrer Topografie als auch in der Bodenbeschaffenheit gravierend unterscheiden. Es sind die fast einhundertjährige Erfahrung hinter der Marke und genau dieser Zugriff auf gänzlich verschiedene Terroirs, die Winemaker Michael Eddy damals zu Louis M. Martini brachten: „Es ist ganz und gar nicht alltäglich, Weinberge zur Verfügung zu haben, die sich schon so lange als exzellente Ertragsflächen bewähren. Die Familie Martini stellt hier bereits seit mehreren Generationen ausgezeichneten Wein her, und es ist für mich ein Privileg, Teil dieses Vermächtnisses zu sein.“
Red, red wine from California
Außergewöhnliche Cabernet Sauvignons sind Markenzeichen und Steckenpferd des Traditionsbetriebs. Eines der bekanntesten Produkte ist wohl der komplexe, fein ausbalancierte Napa Valley Cabernet Sauvignon mit seinen Noten von Pflaume, schwarzer Johannisbeere und Karamell. Der 2016er Jahrgang erzielte 92+ Punkte bei Robert Parker und 93 Punkte bei James Suckling.
Auch der brombeer-violette Sonoma County Cabernet Sauvignon 2016 mit Aromen von roten Kirschen, reifen Pflaumen und Brombeeren ist international gefeiert und wurde beispielsweise von James Suckling mit 92 Punkten ausgezeichnet.
Als Weinbegleitung sind solche kräftige Rotweine perfekt für Wildgerichte. Auch Lammfleisch oder eine kräftig gewürzte Pizza passen gut.
Let’s continue this…
Neben dem Effekt, dass so ein Online-Tasting nämlich Menschen aus verschiedenen Regionen zusammen bringt, obwohl zuhause und nur online und dabei doch so nach, finde ich es klasse! Klar, der Weinhändler des Vertrauens führt auch internationale Weine und da trifft man auch immer mal spannende Gesprächspartner. Doch ein Online-Tasting von zuhause aus ist eine kurzweilige Ergänzung und hat so viele Vorteile!
Im Anschluss bin ich direkt zum Büffet, also in die Küche, geschlendert und setzte mich an den gedeckten Tisch. Passend zum kräftigen Rotwein gab es direkt ein passendes Gericht (hatte ich selbst im Vorfeld zubereitet). Keine Taxifahrt oder umständliche Heimkehr mit der S-Bahn – es hat also auch einen gemütlichen Aspekt, dass man für ein Wine Tasting zuhause bleiben kann. Cincin!