Genuss

Es geht um die Wurst

Italienische Wurst – das ist etwas ganz Besonderes und damit das auch so bleibt, gibt es in Italien verschiedene Institutionen, die die Wurstqualität im Auge behalten.

Damit das auch alle Wurstliebhaber mitbekommen, hatte man den Gourmetkoch Bertl Seebacher vom Restaurant Kraftwerk in Oberursel bei Frankfurt ins Boot geholt und ein Menü zaubern lassen. Der wunderbare Abend – vor Coronazeiten – im mit 15 Gault-Millau-Punkten prämierten Restaurant in Oberursel stand ganz im Zeichen der italienischen Salumeria und ihrer Vielfalt. Der Spitzenkoch zeigte in einem Vier-Gänge-Menü, was alles in den Premiumprodukten steckt und wie man sie raffiniert neu interpretiert. Gerne erinnere ich mich an den schönen Abend und koche zuhause das eine oder andere nach (versuche es zumindest…).

Aperitivo beim Pressedinner mit European Authentic Pleasure
Salame beim Pressedinner mit European Authentic Pleasure
Beim Pressedinner mit European Authentic Pleasure

Cotecchinoooo

Italienische Wurstwaren kennt man: Salami, Mortatella und auch Cotechino. Die berühmte dicke Wurst gibt es beim Feinkosthändler meines Vertrauens nur in der Zeit zu Weihnachten. Das Gericht mit der dicken Wurst ist ein Festtagsgericht und hat eine lange Tradition in Italien. Die Geschichte von Zampone und Cotecchino aus der Region Modena geht auf das Jahr 1511 zurück. Zu jener Zeit belagerten die Truppen des Papstes Giulio II Della Rovere in der Nähe von Modena Mirandola, die Heimat Giovanni Picos, eines loyalen Verbündeten Frankreichs. Am Ende der Belagerung litten die Mirandolesi an Hungersnot. Ihnen blieben nur Schweine. Sie nicht zu schlachten, wäre eine Sünde gewesen: Bedeutete es doch, sie den Belagerern zu schenken, die demnächst in die Stadt einmarschieren würden. Da kam einem der Köche von Pico della Mirandola die richtige Idee, „schlachten wir die Tiere und füllen wir das eher magere Fleisch in eine Schale, die aus der Haut ihrer Hufe gemacht wird. So verrottet es nicht und wir können es konservieren und es dann bei Bedarf kochen.“ Und so entstand der Zampone.

Zampone und Cotechino Modena

Die dicke Wurst Zampone bzw. Cotechino Modena IGP besteht aus verschiedenen Sorten Schweinefleisch: gestreiftes Muskelfleisch, Schweinefett, Schwarte, dazu Salz und Pfeffer – fertig. Zampone und Cotechino Modena kommt aus den folgenden Regionen Italiens: Modena, Ferrara, Ravenna, Rimini, Forlì-Cesena, Bologna, Reggio Emilia, Parma, Piacenza, Cremona, Lodi, Pavia, Mailand, Monza Brianza, Varese, Como, Lecco, Bergamo, Brescia, Mantova, Verona und Rovigo.

Mortadella IGP, ach, Bologna!

Der Name Mortadella geht nachweislich auf die römische Zeit zurück. Laut einiger Quellen stammt der Name vom Wort „Mortarium“ (mortaio/Mörser). Andere Quellen behaupten, dass der Name von „Myrtarium“ stamme (abgeleitet von Myrte). In beiden Fällen lässt sich die Herstellung von Mortadella auf eine unter römischem Einfluss stehende Region beschränken, die sich von der Emilia-Romagna bis nach Latium erstreckt. Mortadella ist Kulturgut und zudem Quelle der Inspiration des Autorenkinos: Mario Monicelli widmete 1971 einen mit Sophia Loren besetzten Film dieser Salume, während im Bigas Luna Film „Bambola“ aus dem Jahre 1996 Valeria Marini eine Szene mit einer Mortadella hat. Na, wenn das so ist…

Das Herstellungsverfahren der Mortadella ist weltweit absolut einzigartig: Ausgangspunkt ist sorgfältig ausgewähltes Fleisch, das zerkleinert zu einer Paste verarbeitet wird, die dann gekocht wird. Dies ist die entscheidende Phase, denn das Verfahren sieht den Einsatz von hierfür entwickelten Trockenluftöfen vor, mit Kochphasen die von wenigen Stunden bis hin zu Tagen gehen. Die Zugabe von Polyphosphaten, Farbmitteln und Milchproteinen ist VERBOTEN. Die Mortadella Bologna IGP ist von ovaler oder zylindrischer Form, kompakt und nicht elastisch, dabei ist die Oberfläche beim Schnitt samtartig und der Anteil der perlfarbenen, weißen Quadrate, der Fettwürfel, ist genau festgelegt. Die Mortadella Bologna IGP kommt aus den Emilia Romagna, Piemont, Lombardei, Venetien, den Provinzen von Trento, Toskana, Marken und Latium.

Salame

Salumi alla Cacciatora DOP – das ist nicht irgendeine Salami, das ist Tradition! Die Salami alla Cacciatora (nach Jägerart) und ihre Varianten (cacciatorino etc.) waren die Salamis, die Jäger bei Jagdeinsätzen zusammen mit Brot bei sich trugen. Im Fränkischen und in Tirol kennt man eine ähnliche Wurst, den Landjäger. Eine lange abgehangene Wurst in handlicher Größe, sozusagen für die Handtasche. Salamis blicken auf eine lange Geschichte zurück: Zunächst aus dem alten Ägypten und in der Kultur der Etrusker. Die Etrusker waren nämlich große Wildschweinjäger und auch Liebhaber des Hausschwein. Kann ich gut nachvollziehen, dann mein Reiseproviant von heute beinhaltet ebenso Salami.

Das Besondere an der Salami Cacciatore Italiano Dop

Die so genannten Cacciatori sind Salamis von kleiner, kompakter Größe und charakterisiert durch eine rubinrote Farbe mit gleichmäßig verteilten Fettkörnchen. Die Prinzipien, auf denen die Herstellung von Salamini Italiani alla Cacciatora DOP basiert, sind seit jeher unverändert. Zunächst darf das Fleisch ausschließlich von italienischen Schweinen stammt. Ähnlich wie bei der Herstellung von Prosciutto di Parma und Prosciutto San Daniele gehören diese Schweine festgelegten Rassen an und werden in genau festgelegten Gebieten Nord-Italiens unter Einhaltung strenger Aufzuchtregeln gehalten. Die Fleischstücke kommen ausschließlich von den besten Teilen des Schweins. Die Zubereiteung und auch die spätere Reifung muss nach genau festgelegten Kriterien erfolgen.

2001 war die Ursprungsbezeichnung  Salamini Italiani alla Cacciatora in das Verzeichnis der schützenswerten Ursprungsbezeichnungen aufgenommen worden. Das Rohmaterial für die italienischen Salamini stammt immer aus einer Schweinaufzucht aus folgenden Gebieten: Friaul-Julisch-Venetien, Giulia, Venetien, Lombardei, Piemont, Emilia-Romagna, Umbrien, Toskana, die Marken, Abruzzen, Latium und Molise.

Damit in Zeiten von Globalisierung eine Wurst mit solch langer Geschichte auch weiterhin bestehen kann, hat sich ein Konsortiums im Jahre 2005 nun die Aufgabe gemacht, den Verbraucher ausführlich über die traditionelle Zubereitung der italienischen Wurstwaren zu informieren und damit auch gegen Fälschungen vorzugehen.

Kraftwerk Restaurant Oberursel
Das Menü beim Pressedinner mit European Authentic Pleasure

Das wunderbare Menü von Sternekoch Bertl Seebacher im Restaurant Kraftwerk mit Originalrezepten hat mich nachhaltig beeindruckt und ab sofort schaue ich beim Wurstkauf genauer hin. Hier ein paar Eindrücke von den Gerichten:

Parmaschinken
Parmaschinken als Vorspeise
Mortadella Bologna auf Risotto im Kraftwerk Oberursel
Mortadella Bologna auf Risotto als Primi Piatti
Cotechino als Hauptgang
Sorbet im Kraftwerk Oberursel
Als Dessert ein Holundersüppchen, ich nenne es mal Sorbet – großartig!

Autentico Piacere Europeo

Auf Englisch heißt das European Authentic Pleasure – das ist der Name der Kampagne, die das Ziel hat, den Bekanntheitsgrad italienischer Spitzenprodukte aus dem Sektor der Salumeria (Wurstwaren) zu erhöhen. Immerhin ist Deutschland unter den EU-Ländern der wichtigste Exportmarkt. Im Jahre 2016 wurden ungefähr 32.730 Tonnen (+2%) zu uns exportiert. Da geht es mächtig um die Wurst an der Frischetheke!

Bloggerin Julia von German Abendbrot interviewt Spitzenkoch
Bloggerin Julia von German Abendbrot interviewt den Spitzenkoch

Bertl Seebacher, JRE

Ein denkmalgeschütztes ehemaliges Kraftwerk in Oberursel ist die besondere Kulisse für ein besonderes Restaurant, das seit 2008 von Bertl Seebacher und Daniela Finkes geführt wird.

Als Koch und Diplom-Sommelier bringt Seebacher seine österreichischen Wurzeln ins Haus und auf die Karte, die er selbst als „international mit alpenländischem Touch“ bezeichnet. Mit seiner erklärten Philosophie eines Casual Fine Dining steht das mehrfach ausgezeichnete Kraftwerk für hochwertige, ambitionierte Gastronomie ohne Hemmschwelle. Das moderne und gar nicht steife Ambiente des Restaurants unterstützen dabei, dass der Gast sich pudelwohl fühlt. Der Service ist charmant auf Augenhöhe und alles passt.

Bertl Seebacher ist zudem Mitglied der Jeunes Restaurateurs (JRE), eine Vereinigung junger Spitzenköche, die sich mit Talent und Passion der innovativen deutschen Küche verpflichtet haben.

Auf Instagram kann man derzeit verfolgen, das die Macher die Zwangspause durch die Coronoa-Pandemie für eine Umgestaltung nutzen – ich bin sehr gespannt und freue mich über das ungebremste Engagement des Restaurant-Teams. Natürlich wird auch Bestellservice, also Fine-Dining „togo“ angeboten…

Der 35-Jährige Gourmetkoch ist vom Restaurantführer Gault Millau zum Aufsteiger des Jahres gekürt worden. Seine Kochkunst wurde mit 16 von 20 möglichen Punkten belohnt.

Kraftwerk Oberursel
Bertl Seebacher, Restaurant Kraftwerk Oberursel

Begründung: Ein hoher Grad an Kochkunst, Kreativität und Qualität. Restaurantfachmann, Koch und Diplom-Sommelier – das ist das Fundament von Bertl Seebachers Karriere. Sein Lebenslauf liest sich mit Stationen wie etwa dem Münchner Restaurant Tantris, Hangar 7 in Salzburg oder dem Marcobrunn in Schloss Reinhartshausen wie das Who’s who der nationalen Spitzenküche. Er kochte schon Seite an Seite mit Eckart Witzigmann, Lea Linster oder dem Schweizer Drei-Sterne-Koch André Jaeger.

Kontakt: Restaurant Kraftwerk, Zimmersmühlenweg 2, 61440 Oberursel/Ts. Telefon: 06171 929982, Email: willkommen@kraftwerkrestaurant.de

Cotechino-Italia
Ein Festessen – nicht nur für Italiener!
Es geht um die Wurst. Zusatzinformationen:

Wer kümmert sich um die italienische Wurst? Die Aktivitäten des italienischen Konsortiums sind vielfältig. Das Istituto Valorizzazione Salumi Italiani (IVSI) arbeitet seit 1985 mit dem Ziel, die Kenntnis der typischen Salumi zu verbessern und korrekte Informationen zum Nährwert sowie zu den kulturellen, gastronomischen und Produktions-Aspekten dieser Produkte zu verbreiten. Das Konsortium Mortadella Bologna, gegründet im Jahre 2001, hat zum Ziel den Verbraucherschutz. Ebenso übernimmt das Konsortium Cacciatore Italiano seit 2005 folgende Funktionen: Information, Verbraucherschutz und Werbung für die italienischen Salamis nach Jägerart (Salamini alla Cacciatora) DOP. Es übernimmt des Weiteren auch eine Kontrollfunktion, um Missbrauch entgegenzuwirken, Imitationen anzuzeigen und geht gegen Piraterie und Fälschungen vor; und dies auf dem gesamten Gebiet Italiens, aber nicht nur dort. Das Consorzio Zampone und Cotechino Modena IGP konstituierte sich 2001, und hat sich den Verbraucherschutz sowie die Verbreitung von und Werbung für den Cotechino Modena IGP und den Zampone Modena IGP zum Ziel gesetzt. Im Konsortium sind 15 Firmen Mitglied und diese repräsentieren die wichtigsten Produzenten der beiden Salumi-Arten.

Die feinen lieben italienischen Wurstwaren gibt es auch in Wiesbaden und da kaufe ich gerne bei dem italienischen Feinkostladen Celpro am Stadtrand von Wiesbaden, sehr empfehlenswert!

European Authentic Pleasure
Photocredit Titelbild (Mortadella): European Authentic Pleasure