Genuss

Alles auf Rot

Rotwein Trauben

Es geht um Rotwein. In der Winterzeit darf es auch mal ein Roter sein. Dank Rheinhessenwein und dem Eichelmann Weinführer kenne ich mich bei den deutschen Weinen auch schon ganz gut aus. Doch die Weine aus Südeuropa sind noch einmal eine ganz andere Nummer. Bei einem Online-Tasting wurde ich in die Geheimnisse der Bordeaux Weine, insbesondere des Médoc eingeweiht. Vorallem war das Thema dieses mal auch, wie es denn in bezug auf die Nachhaltigkeit aussieht. Zwei Winzer gaben Auskunft und dank der Fragen der Moderatorinnen haben wir eine guten Einblick bekommen.

Weine aus dem Médoc

Zunächst einmal die Lage. Wo ist die Region denn überhaupt, auch ich musste Wikipedia dazu um Hilfe bitten: Das Médoc ist eine dreiecksförmige Halbinsel im Département Gironde im Südwesten Frankreichs, die zwischen der Atlantikküste (Côte d’Argent) an der Biscaya, dem Mündungsarm Gironde und dem Meeresbecken von Arcachon liegt. Das Médoc ist eine subregionale Weinbau Appellation der Region Bordeaux. Die Appellation gilt für das gesamte Médoc, wird aber faktisch nur für den nördlichen Teil der Halbinsel verwendet. Hier liegt der Anteil des Merlot in der Regel höher als in den anderen Teilen des Médoc, so dass die Weine etwas fruchtiger und geschmacklich runder sind. Die Fläche der Weinberge beträgt 5300 Hektar, etwa 37 Mio. Flaschen stammen von 127 Crus Bourgeois, 113 Crus Artisans, und 5 Caves Coopératives. 16000 Ha Fläche, 100 Millionen Flaschen und 60 Grands Crus Classes.

Die Böden sind mal Lehm-Kalk, aber auch viel Garonne-Kies und Sand-Kies. Vinifikation und Ausbau erfolgt vielfach in Gärbehältern aus Edelstahl und dem trendigen Beton.

Moderiert wurde die Virtuelle Masterclass von Sabine Ernest-Hahn gemeinsam mit Master of Wine Romana Echensperger. Im Gespräch mit den Médoc Weinproduzenten Théophile und Jean-Baptite Cordonnier von Château Anthonic, einem Weingut mit Bio-Zertifikat und Dr. Stefan Paeffgen von Château Reysse. So spannend war der Austausch und das übergeordnete Thema war: Médoc nachhaltig. Geht es denn überhaupt ohne Pestizide und „Hilfsmittelchen“, wo das Wetter oft so verrückt spielt. Wie geht ein Winzer damit um, wenn wegen andauernder Regenfälle die Trauben zu faulen drohen? Die Maschinen machen oft die Scholle kaputt, weshalb mancherorts Pferde zur Bewirtschaftung eingesetzt werden. Oder, wie in einem Beispiel, Schafe, die zumindest in den Wintermonaten das Unkraut fressen und mit ihrem Kot die Anbaufläche düngen.

Doch kurzum: Es ist schon hart, wenn ein Winzer nicht auf Hilfsmittelchen der Industrie zurückgreifen kann. Was eine Arbeit in so einem Wein steckt! Ich bin mir nicht sicher, ob ich diese Geduld hätte. Auch als Verbraucherin bin hier also gefragt: Wie kritisch darf man denn sein? Ist der Wunsch nach „super-bio“ nicht manchmal auch blauäugig? Die Weinbauern bewirtschaften ihre Scholle und eigentlich ist klar, dass sie es gut mit der Natur meinen – immerhin sind die Reben teilweise älter als wir selbst. Oder was meinst Du?

Im zweiten Teil sprechen Sabine Ernest-Hahn und Romana Echensperger über die Vielfalt im Médoc. Santé! Ihre Gesprächspartner sind zunächst der Winzer von Château Hourtin-Ducasse, Michel Marengo und Matthias von Campe vom Château Loudenne, die übrigens auch eine Ferienwohnung direkt am Wasser haben (sodass man auch mit dem Boot anreisen kann).

Es sind zwei grundverschiedene Weingüter, doch umso spannender das Gespräch. Spannend auch die Frage, wie man als „Normalo“ neben den großen Flagschiffen Chateau Lafitte seinen Platz behaupten kann. Michel kann es gut erklären, er hat seine Reben ja auch zwischendrin. Er sagte, die Cru’s sind für ihn die Lokomotiven, doch er mache Alltagsweine. Ja, inzwischen verstehe ich es: Es ist gut, dass die Region dadurch sehr bekannt wird und einen guten Namen hat. Andererseits sind die superteueren Weine auch eher Spekulationsobjekte und keine Trinkweine. Michel ist der Meinung, dass die Bordeaux Weine einfach großartige Trinkweine sind und damit auch Alltagsweine. Genau, ich kaufe Wein nämlich auch zum Trinken und finde spannende Ansätze bei den Winzern viel interessanter als Wertsteigerungen.

Das Besondere am Weingut von Michel Marengo finde ich, dass er sich Jahr für Jahr von der Natur führen lässt und von Jahrgang zu Jahrgang den Wein annimmt, den die Natur bereit hält. Michel’s Weine dürfen Geschichten erzählen. Eine sehr philosophische Herangehensweise, oder? Zudem bewirtschaftet er seine Reben ökologisch und im Winter krabbeln auch mal Schafe zwischen den Reben und grasen das Unkraut. Der Dung düngt wiederum die Weinreben und der Boden bleibt aufgelockert und ist nicht so stark komprimiert, wenn man Maschinen benutzt.

Auch das Château Loudenne hat eine lange Tradition. Das Château ist das berühmte „Château Rose“ des Médoc, das in den 1920er Jahren für seine gesellschaftlichen Veranstaltungen bekannt wurde. Das Ganze ist von einem schönen englischen Park mit einer Sammlung von seltenen und alten englischen Rosen und einem privaten Hafen und einem 62 Hektar großen Weinberg umgeben. „Es gibt keinen großen Boden, der nicht auf den Fluss blickt“. Das macht natürlich auch etwas mit dem Wein. Spannend – und auf jeden Fall einen Besuch wert.

La-Reysse_Winetasting

Wine Tasting

Vor dem Tasting: Zunächst einmal musste ich daran denken, die Weine zu dekantieren. Also zumindest der ältere. Immerhin aus 2014! Je mehr tanninhaltig, desto wichtiger ist es, den Wein vor dem Genießen zu öffnen und sogar in einer Karaffe zu servieren. Statt des in Deutschland üblichen Schraubverschluss sind die Weine allesamt mit Kork verschlossen. Ja, das ist in Frankreich durchweg noch üblich, auch im Elsass und im Burgund, denn man legt Wert darauf, dass die Weine noch atmen.

Nach dem Tasting… Cheers! Da gibt es eigentlich keine Vorgaben. Einfach genießen. Jeder erschmeckt den Wein anders und ja, es kommt trotz aller Prädikate immer noch darauf an: Schmeckt der Wein? Oder passt bei gereiften Weinen noch der Begriff „schmecken“? So ein Wein beeindruckt mehr als dass er im herkömmlichen Sinne schmeckt, oder?

Die Zertifizierungen bei französischen Weinen

Im Burgund hatte ich mal einen Winzer getroffen, der seine Weine nach ECOVIN zertifizieren hat lassen – vielleicht im Hinblick auf seine deutschen Kunden, denn dieses Sigel kennen wir. Auch das von Demeter, doch die folgenden Zertifizierungen sind in Frankreich noch bekannt, ich habe einfach mal ein Foto von der Übersicht gemacht, die während des Tastings gezeigt wurden:

Um ehrlich zu sein – diese Sigel verwirren mich eher und am Ende bleibt doch einn Misstrauen, oder, wie geht es Dir damit? Daher kaufe ich am liebsten Wein aus Direktimport, denn dann weiß ich, wie der Wein produziert wurde und konnte vor Ort mit dem Winzer diskutieren und mir seinen Wein erklären lassen.

Probieren und Studieren – Wein versteht man durch’s Trinken

Demnächst geht es hier noch um Burgunder Weine, das benachbarte Elsass und Piemont/Italien. Ja, irgendwie beschäftigt mich aktuell sehr der Wein, nachdem ich lange den Fokus auf dem Essen hatte. Es interessiert mich einfach, immerhin wohne ich mittendrin im Weinanbaugebiet. Das Gute, man muss den Wein beim Verkosten nicht trinken und austrinken sowieso nicht. Es ist und bleibt ein Genussmittel.

Dass es auch viele andere gute Essensbegleiter und Getränke gibt, habe ich zum Beispiel auch hier beschrieben: Es muss nicht immer Alkohol sein. Doch wie gesagt, diesen Herbst geht es um eine Auswahl an vielen guten Weinen.

Auch spannend als Hintergrundinformation der Beitrag von ZDF WiSo zum Thema Wein. Und wusstest Du, dass durchschnittlich nur knapp 2,50 Euro für eine Flasche Wein ausgegeben werden? Das kann ja nicht gut gehen, wenn man auch bedenkt, dass diese Weine oft aus Übersee stammen… Also ich kaufe keinen Wein, wofür andere einen Preis zahlen müssen – sei es als schlecht bezahlter Arbeiter oder, dass die Natur dafür bluten muss.